Schon 2013 entbrannte die Diskussion, ob die Mohrenstraße in ihrer Benennung nicht rassistisch sei – diese Diskussion schwelte und schwelt immer noch
http://www.tagesspiegel.de/11276944.html
Aber auch in anderen Zusammenhängen kommt immer wieder der Verdacht auf, dass wir in unserer Sprache leicht zu Rassismus und Diskriminierung neigen – jüngstes Beispiel der Begriff des Schwarzfahrens. Importiert ist diese Diskussion aus München, wurde aber nur zu gern in Berlin aufgegriffen.
Kurz zusammengefasst könnte sich nach Grünenansicht ein Dunklerhäutiger durch diesen mehr oder minder kriminalisierenden Begriff (https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_85058116/berliner-senat-will-schwarzfahren-straffrei-machen.html) angegriffen fühlen, was laut Linguisten völlig grundlos wäre. „Svart“, wovon sich Schwarzfahren wohl ableitet, entstammt dem Jiddischen und bedeutet „arm“, „Armut“.
Ob die damit verbundenen Assoziationen besser sind, sei dahingestellt.
Außerdem sei darauf hingewiesen, dass der Schwarze Kontinent erst südlich der Sahara beginnt und längst nicht alle ohne Ticket Angetroffenen dieser Region entstammen – welche Schmähung durch Ignoranz.
Desweiteren bleibt die Frage, ob sich nicht viele religiös oder weltanschaulich unangenehm berührt fühlen, wenn ihr Handeln mit einem jiddischen Begriff belegt wird.
Schauen wir doch einmal, welche anderen Farben dem fürsorglichen Einwand besser gerecht werden:
Weiß – Farbe der Unschuld (zumindest in einigen Kulturen, in anderen u.a. auch Trauer – die hätte dann die BVG, wenn sie kein Fahrgeld erhält) – andererseits aber auch „Carte Blanche“ – volkstümlich mit „Freifahrtschein“ gleichgesetzt – eher nicht diskriminierend, aber wenig zweckdienlich.
Gelb – Verknüpft mit der FDP (wie lange noch?) und angesichts der steigenden Zahlen zu antisemitischen Übergriffen und dem gelben Stern – nein, lieber nicht
Blau – auf Anhieb mehrdeutig und nie passend – „blau machen“ (nicht zur Arbeit gehen) – nee, manch einer fährt ja gerade zur Arbeit ohne Fahrschein– und gedanklich verknüpft mit „blau sein“ wird nur den wenigsten gerecht – wer aus religiösen oder gesundheitlichen Gründen abstinent lebt, wird sich mit diesem Begriff stigmatisiert fühlen.
Rot – schon als Kind lernen wir: „bei Grün darfst du gehen, bei Rot bleib stehen.“ – wenn wir gut erzogen sind, greift dieser Satz immer noch und potenzielle ÖPNV-Nutzer ohne Billet bleiben vor den Türen stehen, fahren nicht mehr mit und somit wäre der Begriff hinfällig – wir würden einen Begriff prägen, den niemand nutzen kann, denn Rotfahrer stehen ja vor dem Bus, der Bahn.
Versuchen wir es doch einmal mit bunt – im Sinne des Regenbogens – oh nein, lieber doch nicht in Anbetracht der ganzen Vielfalt von geschlechtlichen Ausprägungen (m, w, x, d, div, …) inklusive der Frage, ob ein straight Hetero dabei überhaupt inkludiert wäre – also auch ungeeignet.
Grün – hm, grün ist die Farbe der Hoffnung (der Hoffnung, nicht erwischt zu werden?) und ja - auch das Signal für freie Fahrt. Und plädieren die Grünen nicht gerade für den kostenlosen ÖPNV für alle?
Grünfahren wäre die Lösung – kostenfrei, nicht diskriminierend, nicht kriminalisierend– einfach grün.
Und warum haben die Grünen diesen Vorschlag nicht selbst eingebracht? – eine einfachere Werbung ist doch kaum vorstellbar.